Von den Amerikanern lernen � warum der europ�ische Profisport finanzielle Grenzen braucht

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September 03, 2013, K�lner Stadtanzeiger

(Op-ed by Klaus F. Zimmermann)

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Der 100-Millionen-Transfer des Fu�ballstars Gareth Bale ist ein weiterer Beleg daf�r, dass der europ�ische Profisport finanzielle Grenzen braucht

von Klaus F. Zimmermann

Deutsche wie auch Europ�er sind sehr stolz darauf, dass unsere Gesellschaft deutlich weniger geldgesteuert und allgemein fairer ist als die amerikanische. Allerdings gibt es mindestens eine eklatante Ausnahme, wo wir von den Amerikanern lernen k�nnen und m�ssen. Sie betrifft die sch�nste Nebensache der Welt, den Fu�ball. Dieser Befund wird wahrscheinlich eine ziemliche Uberraschung f�r alle Europ�er sein, die �ber die extrem hohen Spielergeh�lter in den US-Sportligen h�ren und lesen.

Hierzulande gibt es eine rege Diskussion dar�ber, inwieweit Bayern M�nchen und Borussia Dortmund nicht zu dominant geworden sind und ob sich dieser Trend aufgrund ihrer Marktmacht beim Spieleraufkauf nicht noch weiter fortschreiben wird. Das w�rde dem Wettbewerb in der Bundesliga nicht guttun. Immerhin haben die beiden Mannschaften seit 2000 insgesamt zehn Meisterschaften sowie zahlreiche weitere Titel errungen.

Gleiches gilt �brigens auch europaweit. In Spanien ist die Situation sogar noch eindeutiger. Der FC Barcelona und Real Madrid gewannen seit der Spielzeit 2000/200 1 insgesamt elf nationale Meisterschaften. In England haben im selben Zeitraum drei Mannschaften - Manchester United, Arsenal und Chelsea London - zw�lf britische Premier-Leagueund acht FA-Cup-Titel erobert.

这位bemerkenswerten Angesichts Konzentration sportlicher und damit verbundener finanzieller Potenz stellt sich das Problem der Fairness im Sport durchaus sehr konkret. Es besteht n�mlich die reale Gefahr, dass diese Klubs zu dominant und einflussreich geworden sind und ihre Uberlegenheit sich weiterhin derart rasant steigert, dass alle anderen Konkurrenten mehr oder weniger mit ihrer Leistungsf�higkeit an den Rand gedr�ngt werden. Diese Frage besch�ftigt nicht nur die Sportwelt, Marketingexperten und Fans, sondern auch uns Okonomen, zumal solche, die sich mit dem Arbeitsmarkt und den beruflichen Aufstiegschancen besch�ftigen.

Nat�rlich ist es eine legitime Position, dass Menschen frei sein sollten, sich �ber ihre Dienstleistungen, mit wem auch immer sie wollen, auf einen beliebigen Preis zu einigen. Andererseits ist jede Gesellschaft und jeder Berufsbereich auf ein Mindestma� an Fairness angewiesen, um Wettbewerbsfiihigkeit und letztlich auch die Existenz zu sichern. Jedenfalls ist auch eine freiheitliche Ordnung auf Regeln f�r eine Konkurrenz zu fairen Bedingungen angewiesen.

Pikanterweise ist die Sportwelt in den USA besser in der Lage, diese widerstreitenden Interessen miteinander auszugleichen. Das �berrascht insbesondere deshalb, weil die amerikanische Gesellschaft grunds�tzlich sehr viel mehr nach dem �Winner takes all"-Prinzip ausgerichtet ist.

Die Fakten: Seit der Spielzeit 2000/2001 sind neun verschiedene Mannschaften Superbowl-Meister im American Football gewesen. Und sechs verschiedene Teams errangen den Titel in der Basketballliga NBA. Zehn verschiedene Mannschaften haben die �World Series" im Baseball gewonnen.

Nat�rlich haben auch die Vereinigten Staaten ihre dominierenden Teams. Aber diese Mannschaften beherrschen ihre Sportarten nicht Jahr f�r Jahr. Die Frage lautet: Warum ist dies so anders? Wie organisieren die Amerikaner diese gr��ere Leistungsbreite und Vielfalt im Wettbewerb?

Um mehr Fairness zu erreichen, greifen die Sportclubs der USA nach einer Methode, die eher europ�isch klingen mag: In allen obersten Spielklassen regiert eine starke regulierende Hand. Diese Regulierung findet haupts�chlich in Form einer Gehaltsdeckelung statt. Sie bestimmt, dass alle Mannschaften ein bestimmtes Gesamtniveau f�r ihre Lohnliste nicht �berschreiten d�rfen. Zwar haben erfolgreiche Mannschaften tendenziell noch immer die Oberhand, weil diese Gehaltsdeckelung allgemein auf einem Niveau angesetzt wird, das viele der �rmeren Mannschaften oftmals nicht erreichen k�nnen. Dennoch beschr�nkt dieser Mechanismus recht effektiv die F�higkeit der reichsten Maimschaften, alle verf�gbaren Talente durch das Anebot der h�chsten Geh�lter abzusch�pfen. 2013 lag diese Deckelung in der Nationalen Footballliga zum Beispiel bei 123 Millionen Dollar. Die oberste Baseball-Spielklasse hat zwar keine Gehaltsdeckelung. Mannschaften m�ssen bei Uberschreiten einer H�chstgrenze aber eine Luxussteuer entrichten.

Um zu verhindern, dass der Erfolg einzelne Mannschaften zu dominant macht, sichern auch andere Ma�nahmen den Gedanken des Fair Play ab. Im American Football, Basketball und Baseball zum Beispiel rekrutieren Teams neue Spieler durch einen ausgekl�gelten Auswahlprozess. Dabei d�rfen die leistungsschw�chsten Mannschaften als Erste den Talentpool der besten Nachwuchsspieler aussch�pfen.

Unabh�ngig von Spielergeh�ltern und systematisch betriebener Nachwuchsrekrutierung gilt nat�rlich �berall in der Welt, dass die Qualit�t des Managements und seine F�higkeit, Talente zu identifizieren und zu f�rdern, wesentlich zum Erfolg bei Topteams beitragen. Zumindest im Profi-Sport bestimmt in der kapitalistischen Gesellschaft der USA aber nicht die �unsichtbare Hand des Marktes" allein �ber den Erfolg.

Bevor der europ�ische Spitzensport seinen Konzentrationsprozess fortsetzt und einige wenige Vereine mit allen Titeln davonlaufen, sollten wir vom Beispiel USA lernen. Dort werden die Grundprinzipien der Fairness nachhaltig mit den Grunds�tzen des freien Marktes verbunden. Es ist Zeit f�r Bundesliga, Premier League und Co., dieses Kapitel aus dem Drehbuch des �American Way of Life" aufmerksam zu studieren.

Klaus F. Zimmermann, geb. 1952, ist Professor f�r Volkswirtschaft und seit 1998 Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit in Bonn. Das unabh�ngige IZA widmet sich der internationalen Arbeitsmarktforschung.


Reprinted with permission.

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