Rei�t die Festungsmauern nieder

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June 08, 2006, Handelsblatt

(Gastbeitrag von Klaus F. Zimmermann)

Mehr Freiz�f�gigkeit r Arbeitnehmer欧罗巴kann auch in Deutschland das Wirtschaftswachstum f�rdern

Zum 1. Mai 2004 traten acht zentral- und osteurop�ische L�nder (A8) sowie Zypern und Malta der Europ�ischen Union (EU) bei. Die bisherigen Mitgliedsstaaten (EU15) k�nnen seitdem �bergangsfristen f�r die Arbeitnehmerfreiz�gigkeit von bis zu sieben Jahren f�r die A8-L�nder in Anspruch nehmen, wobei die Befristung nach zwei beziehungsweise f�nf Jahren �berpr�ft wird. Seitdem operiert die EU15 unter vier Regimen: Eine erste Staatengruppe (Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Luxemburg und Spanien) praktizierte das Festungsprinzip, bei dem die Regelungen gegen�ber Nicht-EU-Ausl�ndern gelten.

Das zweite Regime (�sterreich, D�nemark, Italien, Niederlande und Portugal) l�sst A8-L�nderquoten zu. Eine dritte Staatengruppe aus Irland und dem Vereinigten K�nigreich gew�hrte Freiz�gigkeit, beschr�nkte aber die Erstzug�nge zu den sozialen Sicherungssystemen. Nur Schweden operiert bereits unter einem System voller Freiz�gigkeit.

Freie G�ter- und Faktorm�rkte sollen die Integration der Wirtschaftsr�ume in Europa vorantreiben und allen Wachstum und Wohlstand bringen. Von freien Arbeitskr�ftewanderungen sind dabei die gr��ten Zuw�chse zu erwarten. Anpassungskosten sind nicht von vorneherein auszuschlie�en.

Das "Festung Europa"-Prinzip ist allerdings nicht besserer Einsicht, sondern einzig allein der "Angst vor der eigenen Courage" der Politik geschuldet. Bei der Ost�ffnung geisterten Prophezeiungen durch die Medien, dies w�rde zu Massenzuwanderung, Arbeitslosigkeit von Einheimischen und Sturml�ufen auf die Wohlfahrtsbudgets der Empf�ngerl�nder f�hren. Hinweise aus der Wissenschaft, diese �ngste seien durch empirische Befunde auf Basis vergangener Migrationserfahrungen nicht gedeckt, wurden in den Wind geschlagen.

修女帽子死neue德意志Bundesregierung ihremKoalitionsvertrag lapidar die Verl�ngerung der Festungspolitik um weitere drei Jahre angek�ndigt und ohne Pr�fung umgesetzt. Auch k�nftig ist nicht abzusehen, dass die Politik die Konsequenzen ihres Handelns durch einen Pr�fauftrag an die Wissenschaft bewerten lassen will. Die �bergangsfristen seien ein "notwendiger Puffer zum Schutze des Arbeitsmarktes und des Handwerks". Die Regierung muss sich den Vorwurf gefallen lassen, auf gute Chancen f�r Wirtschaftswachstum und Arbeitspl�tze leichtfertig zu verzichten.

Denn inzwischen liegen erste Bewertungsberichte und wissenschaftliche Untersuchungen f�r die Grenzregime der Freiz�gigkeit (Schweden, Irland und das Vereinigte K�nigreich) und eine Stellungnahme der Europ�ischen Kommission f�r die beiden ersten Jahre der EU-Osterweiterung vor. Sicherlich ist es f�r ein abschlie�endes wissenschaftliches Urteil noch zu fr�h. Doch kann getrost Entwarnung gegeben werden. Die wirtschaftliche Situation in den drei Freiz�gigkeitsstaaten ist zwar verschieden. Gleichwohl zeigt sich ein einheitliches Bild: Die B�rger aus den Beitrittsstaaten haben eine wesentlich h�here Besch�ftigtenquote als die einheimische Bev�lkerung, w�hrenddessen in den Staaten mit dem Festungsregime das genaue Gegenteil der Fall ist. Der Zustrom an Migranten aus den EU-Beitrittsl�ndern erwies sich als sehr moderat, allenfalls in Irland, das auf einer Wachstumswelle schwimmt, f�llt er ins Gewicht. Negative Effekte f�r den Arbeitsmarkt sind ausgeblieben, die zuwandernden Fachkr�fte wirken belebend f�r die Wirtschaft. Auch in Schweden blieb der Ansturm auf den Sozialstaat aus.

Damit erweist sich die Abschottungspolitik der (alten wie der neuen) Bundesregierung zunehmend als Eigentor. Deutschland steht vor einem wachsenden Fachkr�ftemangel. Langfristig wird er alle Wirtschaftsnationen erfassen und in einem Wettkampf um die besten K�pfe enden. Wir stehen vor der Gefahr, uns diesen Wettbewerb aus den hinteren Reihen anzusehen, denn das Umfeld f�r Arbeitsmigranten muss langfristig bestellt werden. Migration vollzieht sich in Netzwerken und baut auf der sozialen Infrastruktur der Menschen aus den diversen Ethnien auf. In dieses Netzwerk, das zeigen uns die traditionellen Zuwandererstaaten, muss st�ndig investiert werden.

Aber auch aus kurzfristiger Sicht ist Abschottung ein schwerer Fehler: Die wanderungswilligen Fachkr�fte aus den A8-Staaten orientieren sich nun an den Arbeitsm�rkten der L�nder mit Freiz�gigkeit. Diese Fachkr�fte werden schon heute dringend in Deutschland gebraucht. Trotz immer noch m��iger Konjunkturlage ist auch hier ein Fachkr�ftemangel sp�rbar. Dieser Mangel verhindert auch die Schaffung neuer Arbeitspl�tze f�r geringqualifizierte Deutsche, die deshalb weiter arbeitslos bleiben m�ssen.

Arbeitspl�tze werden nicht im Null-Summenspiel verteilt, sondern entstehen als Ergebnis eines kreativen dynamischen Wirtschaftsprozesses. Zuwanderer aus den EU-Beitrittsl�ndern mobilisieren nicht nur Gestaltungspotentiale in Deutschland, sie erm�glichen uns auch, die Marktchancen f�r unsere G�ter und Dienstleistungen in den Beitrittsl�ndern besser auszuloten. Beides f�hrt zum dringend ben�tigten Wirtschaftswachstum, das Arbeitspl�tze schafft und sichert.

Eine �konomisch motivierte Migrationspolitik fristet in Deutschland ein k�mmerliches Dasein, zum Schaden des Standorts. Die Thematik mu� von der Bundesregierung neu aufgegriffen werden, wenn im Laufe des Jahres �ber Integration und eine Reform des Zuwanderungsgesetzes gesprochen wird. Gleichzeitig sollte aber eine Aufhebung der �bergangsbefristung f�r die Arbeitnehmerfreiz�gigkeit aus den Beitrittsl�ndern erwogen werden. Ein erster Schritt w�re die rasche Einf�hrung gro�z�giger Zuwanderungsquoten f�r Fachkr�fte.


Reprinted with permission.

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